Dr. Alex Lidow, EPC: »Unser nächster Integrationsschritt für die 7. Generation unserer GaN-Lösungen wird die verstärkte Integration von Sensoren und Open-Loop-Funktionen beinhalten. In drei Jahren werden wir dann soweit sein, eine komplette Close-Loop-Lösung in Form eines SoC vorstellen zu können.«Dr. Alex Lidow, EPC: »Unser nächster Integrationsschritt für die 7. Generation unserer GaN-Lösungen wird die verstärkte Integration von Sensoren und Open-Loop-Funktionen beinhalten. In drei Jahren werden wir dann soweit sein, eine komplette Close-Loop-Lösung in Form eines SoC vorstellen zu können.«

Sein Ziel ist ein hochintegriertes GaN-Bauelement in Form eines SoC. Mit der Realisierung in Form eines echten Produkts rechnet er für 2022.

Markt&Technik: Sie haben zuletzt immer wieder davon gesprochen, dass Moore‘s Law im Leistungshalbleiterbereich zu neuem Leben erwache. Wie meinen Sie das?

Dr. Alex Lidow: Im klassischen Halbleiterbereich hat Moore‘s Law ja in letzter Zeit etwas an Dynamik verloren. Im Bereich Leistungshalbleiter sieht es nach meiner Meinung anders aus. Wir können die Performance der Leistungshalbleiter, sagen wir, in Schritten von zwei, drei Jahren deutlich steigern. Aktuell sind wir vom theoretischen Limit der GaN-Leistungshalbleiter noch um den Faktor 300 entfernt. Nach meiner Einschätzung wird Moore‘s Law im Bereich Leistungshalbleiter darum wohl noch die nächsten 10 bis 20 Jahre Bestand haben.

Aktuell sieht es so aus, als wenn 2019 das Jahr des SiC-Durchbruchs im Automotive-Bereich sein könnte. Was bedeutet das für GaN?

Das, was derzeit im SiC-Bereich passiert, ist mit Teslas Entscheidung, SiC-MOSFETs im Model 3 zu verwenden, verbunden. Lassen Sie es mich so sagen: Tesla hat nur eine Chance; die versucht es nun zu nutzen. Ein Automobilhersteller wie Toyota dagegen kann sich zurücklehnen und entscheiden, wann er welche Halbleitertechnologie mit welcher Antriebstechnologie kombiniert. Wir müssen uns noch mit Äußerungen zurückhalten, aber ich kann schon so viel sagen, dass wir mit sechs Tier-Ones aus dem Automotive-Bereich in engem Kontakt stehen.

Mögliche Bedenken aus dem Automotive-Bereich dürften darauf zurückgehen, dass bislang nur sehr wenige GaN-Leistungshalbleiter Automotive-Zulassungen vorweisen können. Wie weit ist EPC da inzwischen vorangekommen?

Wir bauen das Spektrum unserer GaN-Leistungshalbleiter für Automotive-Anwendungen Schritt für Schritt aus. Ich möchte aber an dieser Stelle auch betonen, dass der entstehende 48-V-Markt im Automotive-Bereich aus meiner Sicht ein ganz klarer GaN-Markt ist. In diesem Spannungsbereich können wir die Vorteile unserer Technologie voll ausspielen. In der Vergangenheit kamen die Kunden zu uns wegen der hohen Frequenzen und der sehr kompakten Abmessungen unserer Produkte. Vor diesem Hintergrund haben wir Lidar oder HighRel-Anwendungen realisiert, und Lidar, das muss ich sagen, ist wirklich GaN-crazy! Mit dem Siegeszug der 48-V-Konzepte im Bereich High-Power-Server und Automotive punkten wir gegenüber MOSFETs doppelt: Wir sind kleiner und wir bieten die höhere Performance. Bei den Anfragen, die wir bisher im 48-V-Bereich erhielten, konnten wir uns immer gegen die MOSFETs durchsetzen. Immer häufiger sehen wir auch Anfragen aus dem Bereich sehr leistungsfähiger DC/DC-Wandler.

Sie hatten ja bereits im Vorjahr zum Frontalangriff auf klassische MOSFETs geblasen. Eine wichtige Rolle in Ihrer Roadmap spielt die zukünftige Fertigung Ihrer GaN-Leistungshalbleiter der 7. Generation auf 8-Zoll-Wafern. Sind Sie da inzwischen fündig geworden?

Mit der 5. Generation, die wir im April 2015 vorgestellt haben, konnten wir erstmals GaN-Leistungshalbleiter billiger anbieten als vergleichbare MOSFETs. Mit der Einführung der 5. Generation sind wir also dazu übergegangen, LV-MOSFETs preislich direkt anzugreifen, und das mit Erfolg! Mit dem anstehenden Übergang zu 8-Zoll-Wafern, auf denen wir die 7. Generation fertigen werden, können wir diese Wafer nicht mehr bei Episil Technologies fertigen. Die Entscheidung für eine entsprechende 8-Zoll-Foundry wird noch in diesem Sommer fallen. Unsere bisherigen Produkte werden wir jedoch weiterhin bei Episil Technologies fertigen. Die Gründung von EPC 2007 wäre ohne die Unterstützung von Archie Hwang, dem Gründer von Episil Technologies, ja gar nicht möglich gewesen.

Mit der Markteinführung der 7. Generation wird ja nicht nur ein Wechsel des Wafer-Durchmessers verbunden sein. Welche weiteren Integrationsschritte werden die 7. Generation kennzeichnen?

War es bei der 5. Generation die Integration von Schaltern und Treibern in unsere GaN-Bauteil, haben wir nun im nächsten Schritt eine monolithische Halbbrücke mit den entsprechenden Treibern und High-Level-Shiftern kombiniert und dieses Produkt im März dieses Jahres auf den Markt gebracht. Wir haben uns dabei für die Halbbrücke entschieden, weil etwa 80 Prozent der Energiewandlung am Markt über Halbbrücken-Konstruktionen erfolgt.

Das wäre dann der aktuelle Stand. Welche Features wollen Sie in Zukunft noch in Ihre dann immer mehr einem SoC ähnelnden GaN-Leistungshalbleiter integrieren?

Wir bezeichnen den Halbbrücken-Ansatz als unseren dritten Schritt. Phase 4 wird durch eine verstärkte Integration von Sensoren und Open-Loop-Funktionen gekennzeichnet sein. Ich denke dabei an Temperatur- und Stromüberwachung, PWM-Funktionen, die Möglichkeit digitalen Adressierens. Phase 5 wäre dann eine komplette Closed-Loop-Lösung. Dann sind wir bei einer richtigen SoC-Lösung angekommen, mit einem Digital-Input auf der einen Seite des Bausteins und einem Power-Output auf der anderen Seite. Ich gehe heute davon aus, dass wir diesen Stand in drei Jahren erreichen können. Einer der Treiber dieser immer höheren Integration besteht ja auch darin, dass die weitere Miniaturisierung der Bauteile durch die Anzahl der Bumps limitiert ist, die sich auf einem solchen Baustein anbringen lassen. Wir lösen dieses Problem, indem wir viele Funktionen auf dem Chip vereinen und damit die Zahl der notwendigen Bumps reduzieren.

Sie haben sich seit der Gründung von EPC immer wieder konsequent gegen Gehäuse für Ihre Leistungshalbleiter ausgesprochen – sie seien „evil“. Warum argumentieren Sie so vehement gegen Gehäuse im LV-Leistungshalbleiterbereich?

Ich habe aus sechs Gründen etwas gegen Gehäuse für unsere Leistungshalbleiter. Als erstes erhöhen sie die Kosten der Bauteile um bis zu 50 Prozent. Zweitens erhöhen sie den elektrischen Widerstand und drittens die Streuinduktivität, was jeweils zu einer Erhöhung der Verluste führt. Viertens vergrößern Gehäuse oft unnötig die Größe des eigentlichen Bauteils und die Fläche, die das Bauteil auf der Leiterplatte benötigt. Fünftens erhöhen Gehäuse den thermischen Widerstand der Bauteile, sie erschweren den Umgang mit der Abwärme der Bauelemente. Und letztlich sind Gehäuse der häufigste Grund für Ausfälle und Fehler bei Leistungshalbleitern. Für mich waren das die entscheidenden Gründe dafür, unsere Leistungshalbleiter so zu gestalten, dass sie ohne Gehäuse auskommen.

Sie haben in den letzten Jahren quasi nebenher ein Wireless-Charging-Konzept für Tischmatten entwickelt, die mehrere Geräte laden können. Apple hat seine Bemühungen in diese Richtung vor Kurzem eingestellt. Was haben Sie anders gemacht?

Ich kenne die Details der Entwicklung bei Apple nicht, aber soweit bekannt, haben sie mit Magnetic Inductive Coupling gearbeitet. Wir haben bei der Entwicklung unserer Lösung, in die wir natürlich unser GaN-Know-how eingebracht haben und die mit 6,8 MHz arbeitet, auf das Magnetic Resonance-Coupling gesetzt. Mit jjPlus haben wir ja auch schon vor einiger Zeit einen Partner gefunden, der unser Konzept aufgegriffen hat und Tischmatten in verschiedener Form anbietet, um diverse elektronische Geräte schnurlos zu betreiben und laden zu können. Vielleicht spielt dabei auch eine Rolle, dass Taiwan Magnetic-Resonance-Entwicklung und -Lösungen sponsert.

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